Man könnte meinen, das The Charles Hotel am Alten
Botanischen Garten stehe schon lange hier. Tatsächlich wurde es erst im Jahr
2007 eröffnet und behauptet sich erfolgreich gegenüber der einheimischen
Konkurrenz. So besuchen wir mit diesem Haus ein nicht ganz historisches Grandhotel. Doch das Potenzial dazu hat es.
Das an einer ruhigen Wohnstrasse gelegene The
Charles Hotel betreten wir am Abend des 19. Juni. Vom Eingang aus sehen wir
durch die luftig-hohe Hotelhalle bis zur The Bar. Dort haben wir die Möglichkeit,
unter einer Glaskuppel die Grösse des Raums zu geniessen oder rund um den
Barkorpus in einem intimeren Rahmen unseren Drink zu geniessen. Wir setzen uns
ganz klar in die Nähe der Bar. Christian Schlenz bereitet uns einen perfekten
Martini-Cocktail (EUR 14.-) zu.
Er verwendet Tanquerai-Gin, die Gläser werden im Frigor vorgekühlt
und nur ein Tropfen Wermut findet seinen Weg in den Drink. Dazu erhalten wir
drei verschiedene Nüsse und noch extra Oliven. Wir sind sehr zufrieden.
Christian Schlenz weist uns noch darauf hin, dass heute Tag des Martinis sei.
Nun denn, wir wussten nicht, dass es dies gibt. Inzwischen haben wir den 19.
Juni dick in unseren Agenden eingetragen.
Das Restaurant Davvero zelebriert die
italienische Küche. Die geschwungenen Linien des Baukörpers kommen hier voll
zur Geltung. Die Höhe des Raumes entspricht schon fast einer Kathedrale. Der
Holzboden wirkt rustikal. Die Tische stehen weit auseinander, bilden aber keine
Nischen wie in anderen Restaurants der Rocco-Forte-Collection. Obwohl mehr als
genügend Platz vorhanden wäre, sind die Tische sehr klein geraten. Das
Restaurant ist gut besucht, vorwiegend von Hotelgästen. Der Service ist sowohl
hier wie auch in der Bar sehr freundlich. Doch wirkt das junge Team ein
bisschen unkoordiniert. Wir werden von vier verschiedenen Personen bedient und
müssen dann doch bitten, uns Wein nachzuschenken. Die Flasche steht wegen den
kleinen Tischen irgendwo im Abseits, sonst könnten wir uns ja selbst bedienen.
Als erstes erhalten wir auf einem Holzbrett
verschiedene Brote, Guacamole und Meersalz. Olivenöl und Essig stehen schon auf
dem Tisch. Und auf dem Holzbrett lacht uns etwas scheinbar Exotisches an, das
sich als im Ofen geschmorter Knoblauch entpuppt. Eine der Spezialitäten des
italienischen Küchenchefs Giovanni Russo. Kaum haben wir das Brot erhalten, stehen
auch schon die Gnocchi mit Sommertrüffeln vor uns. Dank dem beigefügten
Tüffelöl riecht dieses Gericht wirklich von A bis Z nach Trüffel - sehr
delikat.
Dazu hat uns der Restaurant-Manager Thomas Feig einen
Spätburgunder empfohlen. Wir erhalten eine halbe Flasche des Red Angel Jermann,
der aus dem Friaul stammt und uns begeistert. Als Nachspeise bestellen wir die
Crêpes Suzette, die nicht am Tisch, sondern in der Küche zubereitet wird. Sie
erreicht uns mit einer Kugel Vanilleglace und zusätzlich filetierten Orangen,
über die eine extra Portion Orangenlikör gegeben wurde. Ein Gedicht! Zum Kaffee
werden noch kleine Küchlein als Friandises gereicht.
Im Nordwesten des Alten Botanischen Gartens
entsteht im Jahr 2007 eine luxuriöse Überbauung namens Lenbach-Gärten. Das zur
Rocco-Forte-Collection gehörende The Charles Hotel ist Bestandteil dieses neuen
Quartiers. 1854 wurde an diesem Standort bzw. an der heutigen Sophienstrasse
als Ausstellungshalle zur Internationalen Industrieausstellung der imposante
Glaspalast errichtet. Der 234 Meter lange Palast wird 1931 bei einem Brand
vollständig zerstört.
Die Lenbach-Gärten sind in ihrem
Erscheinungsbild vom Art-Déco beeinflusst. Die Wohn- und Bürohäuser wurden von
verschiedenen Architekten gestaltet. Für das The Charles Hotel zeichnet sich
das Münchner Architekturbüro „Hillmer, Sattler & Albrecht“ verantwortlich.
Sie haben im Jahr 2004 am Potsdamer Platz in Berlin mit dem Ritz-Carlton
bereits ein grosses Hotel gebaut.
Hauptverantwortlich für den Bau in München ist
Christian Sattler, der dazu auch Möbelstücke entwirft. Die geschwungenen Linien
des Baukörpers wiederholen sich auch im Innern und machen die Attraktivität
dieses Hauses aus. Sie gehören inzwischen zum Markenzeichen des Hotels. Die Gesellschaftsräume sind mit Bildern des
Münchner Malers Franz von Lenbach ausgestattet, der im 19. Jahrhundert in der
Nähe wohnte und arbeitete und heute dem Quartier seinen Namen gibt.
Der Name des Hotels nimmt Bezug auf Lord Charles Forte
(1908-2007). Forte baute mit 800 Hotels und 1000 Restaurants ein Imperium auf,
das 1996 durch eine feindliche Übernahme zerschlagen wurde. Sein Sohn Sir Rocco
Forte (1945) entwirft darauf das Konzept für die Rocco-Forte-Collection. In ihr
vereinigen sich heute gut ein Dutzend Luxushotels. Die Häuser tragen die
Handschrift von Sir Rocco Fortes ältester Schwester Olga Polizzi, der
Haus-Designerin der Collection. Die Familie Forte stammt ursprünglich aus
Italien.