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Grand Hotel Wien
Grand Hotel Wien

Das Grand Hotel Wien übertrifft mit Jahrgang 1870 altersmässig seine gleichrangigen Mitkonkurrenten. Allerdings beschert dem Haus seine bewegte Geschichte fast fünfzig Jahre Fremdnutzung als Verwaltungs- und Bürogebäude. Während heute seine Fassade original wie zur Eröffnungszeit erstrahlt, präsentiert sich das Innere des Gebäudes mit seinen knapp zwanzig Jahren noch sehr jung. Und trotzdem: Nicht ganz historisch, aber mit viel Grandezza, spricht es die Wiener und die Gäste aus aller Welt auf sympathische Weise an.      

Grand Hotel Wien, historische Aufnahme
Rosengarten-Bar mit Schanigarten
Grand Hotel Wien

Das Grand Hotel Wien darf mit Jahrgang 1870 auf eine bewegte Geschichte zurückblicken. Die imposanten Räumlichkeiten mussten bei der grossen Renovation im Jahre 1990 einem völlig neuen Aufbau hinter der historischen Fassade Platz machen. Der Haupteingang am Kärntner Ring bietet dem Gast aber auch heute noch Grandezza. In luftiger Höhe hängt ein grosser Kronleuchter, der den Blick auf sich zieht.

Grand Hotel Wien, im Hintergrund die Rosengarten-Bar

Und wer die Augen schon nach oben gerichtet hat, erkennt die Galerie, die von vier Säulen getragen wird und in einem Zwischenstock Platz für die Kavalierbar und das Grand Café schafft. Immer noch beim Haupteingang stehend wenden wir unseren Blick nach links, wo die Reception ihren Platz gefunden hat. Rechterhand erkennen wir die Lobby-Bar namens „Rosengarten“, wo abends eine Pianistin einen Hauch Wiener Luft durch die Drinks wehen lässt. Im Sommer bietet die Bar draussen einen Schanigarten (gem. Wienerin im Guest Book österreichisch für Strassencafé).

Grand Hotel Wien, Schanigarten
Kavalierbar
Grand Hotel Wien

Nun spazieren wir geradeaus zur Treppe, die in die Galerie führt. Beim Aufstieg kommen wir dem Treppenkronleuchter sehr nahe. Denn der obere Stock kann in seiner doch eher mickrigen Höhe die Neuzeit, in der er gebaut wurde, nicht verheimlichen.

Grand Hotel Wien, im Hintergrund links die Kavalierbar

Wir nehmen den Gang nach rechts, um in der Kavalierbar unseren Cocktail ein bisschen abgehoben zu geniessen. 

Grand Hotel Wien, Kavalierbar

In der Bar stehen auf dickem Teppich mit farbigem Stoff bezogene Sofas und Louis XV-Sessel. Tischlampen, ein Kronleuchter und dezente Spots produzieren ein angenehmes Licht. Die leise Barmusik im Hintergrund weist den Gast endgültig darauf hin, dass er sich in einer gediegenen Hotelbar und nicht in einer designten In-Bar befindet. Die Kavalierbar dient auch als Fumoir.

Grand Hotel Wien

Bei unserem Aufenthalt am Abend ist die intime Bar nur schwach besucht. Die Rosengarten-Bar mit Pianomusik im Parterre ist eindeutig der beliebtere Treffpunkt. Wir bestellen beim Bartender zwei Martinis mit Tanqueray-Gin (EUR 10.50).

Grand Hotel Wien

Die Cocktails sind in Ordnung, aber leider nicht in gekühlten Gläsern serviert. Es befinden sich drei kleine Oliven mit Kernen im Glas. Ob Olive oder Twist wurden wir nicht gefragt. Dazu erhalten wir in einer Schale eine Nussmischung. Kleine Papierservietten runden das Angebot ab.

Grand Hotel Wien
Grand Café
Grand Hotel Wien, im Hintergrund das Grand Café

Das simpel gehaltene Grand Café im ersten Stock kann sein geringes Alter nicht verbergen. Die tiefe Decke mit der integrierten Spotbeleuchtung könnte in jedem beliebigen Hilton oder Interconti hängen. Dafür einzigartig sind die grossen Fenster mit erhöhtem Blick auf den Kärntner Ring. Das Grand Café bietet auch einen diskreten Eingang zur Ringstrassen-Galerie. Im Café wird das Frühstück für die Hotelgäste aufgetischt. Am Abend wandelt sich das Frühstücks- zum Antipasti-Büffet. Hier darf der Gast seine Vorspeise selbst zusammenstellen.

Grand Hotel Wien, Grand Café

Abends ist das Café vorwiegend von Hotelgästen besucht. Wir erhalten auch ohne Reservierung einen angenehmen Tisch. Als Hauptgang wählen wir die ganz frischen Spargeln aus dem östlich von Wien gelegenen Marchfeld. Diese österreichischen Donauspargeln werden mit einer Sauce Hollandaise und jungen Salzkartoffeln serviert. Dazu empfiehlt uns die Serviceangestellte einen Riesling, der perfekt zu den Spargeln passt. Bon appetit!   

Grand Hotel Wien
Historisches
Stadtmauern von Wien

In der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts entschliesst sich Kaiser Franz Joseph I. die Stadtmauern von Wien abzubrechen und durch die grosszügigen Ringstrassen, die die Altstadt umkreisen, zu ersetzen. Die Bauplätze an dieser neuen Strasse sind bei Adeligen und wohlhabenden Bürgern sehr begehrt, um darauf ihre repräsentativen Stadtpalais zu erstellen. So kauft auch der Hotelier Anton Schneider im Jahr 1862 ein grösseres Grundstück am neuen Kärntner-Ring.

Carl Tietz
Grand Hotel Wien, historische Aufnahme

Er engagiert den Architekten Carl Tietz (1831-1874), um darauf eine Maison Meublée zu erstellen. Tietz kommt 1853 für den Bau des Circus Renz aus Deutschland nach Wien. Er bleibt in der Stadt und wird zum begehrten Architekten an der Ringstrasse, deren Gebäude zum Historismus zählen. Sein immenser Arbeitseifer wird Tietz zum Verhängnis. Er wird psychisch krank und arbeitsunfähig.

k.k. Hof-Operntheater

Allerdings hat dies keinen Einfluss mehr auf das Gebäude von Anton Schneider, das nach vierjährigem Bau 1870 fertig gestellt ist. Im gleichen Jahr wird ein paar Meter entfernt der Musikvereinssaal eröffnet, während das k.k. Hof-Operntheater, die heutige Staatsoper, bereits ein Jahr vorher, ebenfalls nur ein paar Meter entfernt, den ersten Vorhang fallen liess. Und in dieser Zeit erteilt der Kaiser den Auftrag, 1873 eine Weltausstellung in Wien abzuhalten.

Erste Wiener Hotel Aktien Gesellschaft
Grand Hotel Wien, historische Aufnahme

Für Anton Schneider Grund genug, sein fertig erstelltes Gebäude nicht als Wohnhaus sondern als Hotel zu betreiben. Deshalb gründet er die „Erste Wiener Hotel Aktien Gesellschaft“. Bereits am 10.Mai 1870 kann das Grand Hotel seine Türen öffnen und gilt als erstes Luxushotel Wiens. Der Luxus verteilt sich auf 300 Zimmer und 200 Badezimmer, Restaurant, Café und Bar, auf diverse Salons und einen grossen Saal. Und ein dampfbetriebener Aufzug setzt neue Massstäbe.

Weltausstellung 1873
Weltausstellung 1873 im Prater

Bereits drei Jahre später erweist sich Anton Schneiders Entscheidung, statt des Wohnhauses ein Hotel zu eröffnen, als goldrichtig. Könige, Politiker und Länder-Delegationen geben einander während der Weltausstellung im Jahr 1873 die Türklinke in die Hand. So wird das Grand Hotel auch weitgehend vom Wiener Börsenkrach verschont.

Grand Hotel Wien, historische Aufnahme

Dieser bricht aus, da Jahre vor der Weltausstellung ein überschwänglicher Zukunftsoptimismus zu einer Spekulationsblase führt, die am 9.Mai 1873 an der Wiener Börse als „Schwarzer Freitag“ platzt und eine Wirtschaftskrise auslöst. Diese Krise überleben viele Mitkonkurrenten des Grand Hotel nicht:

Hotel Austria
Hotel Austria, 1872-74

Das Hotel Austria am Schottenring 11 wird nach Plänen von Wilhelm Fraenkel, dem Architekten des späteren Hotel Sacher, erstellt, 1872 eröffnet und bereits 1874 wieder geschlossen. Ein Jahr später zieht dort die Wiener Polizeidirektion ein.  Das Gebäude wird 1945 bombardiert und danach abgebrochen. Das leere Grundstück erhält erst 1988 mit dem Hilton Vienna Plaza wieder ein Gebäude.

Hotel Britannia
Hotel Britannia, 1872-74

Das Hotel Britannia am Schillerplatz 4 wurde noch im Jahr 1870 von Carl Tietz geplant, 1872 eröffnet und ebenfalls 1874 wieder geschlossen und anders genutzt. Heute befindet sich die immer noch stehende Immobilie im Umbau zu einer Luxusresidenz mit Wohnungen.

Hotel Metropole
Hotel Metropole, 1873-1918

Auch das Hotel Metropole wurde aus Anlass der Weltausstellung am damaligen Franz-Josef-Quai (heute Morzinplatz) durch die Architekten Carl Schumann und Ludwig Tischler erbaut und 1873 eröffnet. Das Haus verfügt über 300 Zimmer, ist reich verziert und der Speisesaal steht im glasüberdachten Innenhof. Zu seinen bekanntesten Gästen zählt Mark Twain. Das Hotel gehört einer jüdischen Familie, weshalb es die Wiener das „jüdische Sacher“ nennen. Das Sacher wird allerdings erst 1876 eröffnet.

Hotel Metropole, 1873-1918

Immerhin überlebt das Hotel die Weltausstellung und den Börsenkrach. Aber 1918 ist auch für das Hotel Metropole endgültig Schluss. Traurige Berühmtheit erlangt das Gebäude 1938, als hier das Gestapo-Hauptquartier installiert wird. Nach den alliierten Bombenangriffen von 1945 muss das Haus abgerissen werden. Heute steht der Leopold-Figl-Hof auf dem Grundstück. Er ist mit einem Gedenkrelief für die Opfer des Nationalsozialismus versehen.

Johann Strauss

Johann Strauss & Johannes Brahms

1894 feiert der Walzerkönig Johann Strauss sein fünfzigjähriges Bühnenjubiläum im Grand Hotel. Zu dem Galadiner sind zweihundert Gäste geladen, darunter sein verehrter Freund Johannes Brahms. Ihm widmete Strauss seinen Walzer „Seid umschlungen Millionen“. Fast freundschaftlich umschlungen liegen heute die beiden Grössen der klassischen Musik Seite an Seite auf dem Wiener Zentralfriedhof.

Johann-Strauss-Denkmal im Stadtpark Wien
Johann-Strauss-Denkmal im Stadtpark Wien
Der Umbau 1911
Grand Hotel Wien, historische Aufnahme

Obwohl inzwischen die Mitbewerber Imperial, Sacher und Bristol, in kurzer Gehdistanz, um das gleiche Gästesegment buhlen, scheint der Geschäftsgang des Grand Hotels goldig zu verlaufen. Wer käme in dieser Situation auf die Idee, dass in drei Jahren der Grosse Krieg ganz Europa auf den Kopf stellen wird? So entschliesst sich die Geschäftsleitung im Jahr 1911, die Nachbargebäude am Kärntnerring 11 und 13 zu erwerben, um das Hotel zu vergrössern.

Grand Hotel Wien, historische Aufnahme

Der längst verstorbene Architekt Carl Tietz hatte diese Option bereits vorgesehen. So halten sich die Bauarbeiten für diese Vergrösserung in engen Grenzen und das Grand Hotel kann seinem Namen alle Ehre machen: Es kommen hundert Zimmer dazu, es werden neue Aufzüge montiert, jedes Zimmer verfügt nun über ein Telefon. Der Innenhof wird mit einem Glasdach versehen. In diesem Jardin d’hiver kann der Fünfuhrtee eingenommen werden.

Grand Hotel Wien, historische Aufnahme
Nach dem Krieg
Grand Hotel Wien, historische Aufnahme

Nach dem Grossen Krieg, der die Österreichisch-Ungarische Monarchie hinwegfegt, profitiert das Grand Hotel als Zufluchtsort für den Adel aus Budapest und den Balkanstaaten. Sie werden abgelöst von deutschen Schauspielern und von Künstlern, die in der nahen Oper gastieren. Nach dem 2.Weltkrieg wird Österreich für zehn Jahre von den Alliierten besetzt. Das Grand Hotel dient zusammen mit dem Hotel Imperial den russischen Besatzungstruppen als Unterkunfts- und Verwaltungsgebäude.

Internationale Atomenergie-Organisation
IAEA im Grand Hotel 1958-1979

Danach wird das Haus wieder auf den Hotelbetrieb umgestellt und 1957 eröffnet. Doch das Schicksal meint es ein weiteres Mal nicht gut mit dem Grand Hotel. 1958 wird das Haus von der Österreichischen Regierung gekauft und als Lockvogel für die neu gegründete Internationale Atomenergie-Organisation (IAEA) benützt. Die Vereinten Nationen können dem grosszügigen Angebot nicht widerstehen und richten den Hauptsitz des IAEA im ehemaligen Grand Hotel ein. Dort bleibt sie bis zum Umzug in die neue UNO-City an der Donau im Jahr 1979.

ANA Grand Hotel
ANA Grand Hotel, 1994-2002

Es vergehen nochmals zehn Jahre, bis das Gebäude von der japanischen Fluggesellschaft All Nippon Airways (ANA) 1989 erworben wird. Die neuen Besitzer investieren 100 Millionen Euro, um das Haus als ANA Grand Hotel wieder aufleben zu lassen. Dabei gehen die Bauarbeiten Hand in Hand mit dem benachbarten und vom österreichischen Architekten Wilhelm Holzbauer geplanten Shoppingcenter „Ringstrasse-Galerien“.

Grand Hotel Wien

Man entschliesst sich, das Hotel nur auf dem ursprünglichen Grundstück von 1870 zu betreiben. Dazu wird das Gebäude völlig ausgehöhlt und im Innern neu aufgebaut. Nur die Aussenfassaden bleiben stehen. Das fertige Haus erhält den bewährten Haupteingang zum Kärntner Ring mit der Originalfassade von 1870, während die Rückseite in die Ringstrassen-Galerien integriert ist und von dort auch einen Eingang aufweist. 1994 kann das Hotel endlich wieder eröffnet werden.

Grand Hotel Wien
Grand Hotel Wien

Im Jahr 2002 übernimmt die internationale Hotelkette JJW Hotels & Resorts das Haus und betreibt es unter dem Namen Grand Hotel Wien. 2008 eröffnet die JJW das schräg vis-à-vis gelegene Design-Hotel The Ring.                                    

Grand Hotel Wien
Prospekt
Grand Hotel Wien, Restaurant Le Ciel

Restaurants: Le Ciel – Gourmetrestaurant mit Küchenchefin, Grand Café, Unkai – japanisch, Kavalierbar, Rosengarten; Zimmer: 205 Zimmer & Suiten; Adresse: Grand Hotel Wien, Kärtner Ring 9, A-1010 Wien / http://www.grandhotelwien.com/

Grand Hotel Wien
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